Zu Besuch in der Eichendorffschule in Erlangen

Die Besuchsgruppe in der Eichendorfschule in Erlangen.
Die Besuchsgruppe

Die Eichendorffschule wurde als einer der sechs Preisträger des mit 100.000 Euro dotierten Deutschen Schulpreises 2023 ausgezeichnet. Die Auszeichnung, die durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier überreicht wurde, ist der wichtigste Preis für deutsche Schulen und wird von der Robert Bosch Stiftung und der Heidehof Stiftung vergeben.

Der Wettbewerb konzentriert sich auf die Qualität des Unterrichts und würdigt Schulen, die effektive Lehr- und Lernmethoden für ihre Schüler*innen entwickeln.

Bunter Treppenaufgang im Schulhaus
Bunter Treppenaufgang im Schulhaus

Die Eichendorffschule überzeugte die Jury mit ihrem Konzept des selbstorganisierten und eigenverantwortlichen Lernens. Die Schülerschaft ist geprägt von einem hohen Anteil an Kindern mit Migrationsgeschichte sowie Herkunftsfamilien, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Das Gefühl des Scheiterns, das viele Schüler*innen aus der Grundschule mitbringen, weicht hier häufig bereits nach den ersten Wochen einem Gewinn von Selbstwirksamkeit, Kompetenzerleben und Freude am Lernen.

Wir – die Initiative all in – weil Inklusion ein Menschenrecht ist – wurden von Herrn Wocken eingeladen, mit einer Gruppe bildungspolitisch interessierter Personen an der
Bunter Treppenaufgang im Schulhaus Eichendorffschule zu hospitieren. Nach einem ausführlichen Austausch mit Schulleiter Helmut Klemm über den Werdegang der Schule, Herausforderungen auf dem Weg und den aktuellen Stand erhielten wir Einblicke in verschiedene Lernbüros sowie den Raum der Mathematik.

Das Lernen in Lernbüros ermöglicht es Schüler*innen, selbständig an einem im Vorab erstellten Plan zu arbeiten. Er setzt sich aus Lernbausteinen zusammen, die sich am Lehrplan orientieren und in drei unterschiedlichen Lernniveaus zur Verfügung stehen. So können Schüler*innen die jeweiligen Inhalte in ihrem individuellen Lerntempo bearbeiten. Wir beobachten hierbei eine ruhige, ausgelassene und konzentrierte Arbeitsatmosphäre. Bei Fragen steht das Lehrpersonal an sogenannten „IN-Tisch“ beratend zur Verfügung. Das „IN“ steht für intensiv, individuell, Information und Input.

IN-Tisch im Raum der Mathematik
IN-Tisch im Raum der Mathematik
Navigationsblatt in Mathematik
Navigationsblatt in Mathematik

Den „Raum der Mathematik“ besuchen alle Schüler*innen der 5. und 6. Klasse regelmäßig. Beim Lernen stehen vielfältige Materialien zur Verfügung, die helfen, die Inhalte zu begreifen. Ob die Schüler*innen allein oder in der Gruppe lernen, ist ihnen überlassen. In Anlehnung an das im Vorab ausgehändigte Navigationsblatt arbeiten die Schüler*innen in der vorbereiteten Lernumgebung selbstständig im eigenen Lerntempo. Mit dieser Arbeitsweise schneidet die Schule bei landesweiten Vergleichstests (VERA 6) fast eine ganze Note besser ab als der Durchschnitt. Bei unserem Besuch hatten wir den Eindruck: Ja, Mathe kann auch Spaß machen.

Mit innovativen Ideen wird das Zusammenleben in der Schule gestaltet. So wurde beispielsweise die Schulhausordnung abgeschafft und durch sogenannte KICKFAIR Werte ersetzt. Diese sind in Kooperation mit dem Verein KICKFAIR entstanden, die Schulen mit einem ganzheitlichen Konzept für gelingendes soziales Miteinander berät. Im Schulhaus findet man immer wieder die in Gemeinschaft ausgearbeiteten Werte auf Plakaten.

Ebenso führt die Schule den FREI DAY ein. Dies bedeutet alles andere als einen freien Tag. Gemeint ist ein Modul für Schulen, das vorsieht, mindestens vier Wochenstunden für projektbasierte Arbeit mit Fragestellungen rund um Themen unserer Gesellschaft und Zukunft einzuplanen. Umgesetzt wird das, was die Schüler*innen aus eigenem Antrieb interessiert. Ob das ein Theaterstück, ein Konzept zur verbesserten Mülltrennung an der Schule oder ein Engagement bei der Tafel ist. Der Kreativität der Schüler*innen sind keine Grenzen gesetzt. Es wird nach dem Motto „Global denken-lokal handeln“ agiert.

Die Eichendorffschule zeigt eindrücklich, was alles möglich sein kann, wenn man mutig voranschreitet. Wir durften einen ruhigen, gelassenen und entschlossenen Schulleiter kennenlernen und ein Kollegium, das mit Überzeugung die pädagogische und didaktische Grundhaltung lebt und unterstützt. Diese Selbstverständlichkeit scheint sich auch auf die Schüler*innen zu übertragen, wodurch ein Raum geschaffen wird, indem gelebt, gestritten, gelacht, diskutiert und gelernt wird. Für alle gilt dabei „IchDuWirGEMEINSAM“.

Werte des KICKFAIR-Projekts
Werte des KICKFAIR-Projekts

In Hinblick auf das Thema Inklusion würden wir uns weiterhin wünschen, dass dieses gemeinsame „WIR“ künftig auch Schüler*innen mit verschiedenen Behinderungen einbezieht und die Schule sich perspektivisch auf den Weg macht, wirklich allen Kindern gemeinsames, modernes Lernen und Zusammensein zu ermöglichen.

Wir möchten uns nochmals ganz herzlich bei Hans Wocken, dem Team des Bündnisses Gemeinschaftsschule sowie Helmut Klemm und allen Lehrer*innen und Schüler*innen der Eichendorffschule für die Einladung, den Austausch und die spannenden und auch ermutigenden Einblicke bedanken.